Demografie als Geschichtsschreiber

Dienstag, 2. April 2019, 14:56 Uhr

Vor 300.000 Jahren wurden die ersten homo sapiens geboren. Seit dem bevölkerten 100 Milliarden von ihnen die Erde. Das bedeutet: Rund 7 Prozent der gesamten Menschheit lebt jetzt gerade. Paul Morland bezeichnet dieses Phänomen eine Menschenwelle, „The Human Tide“, die über den Planeten hinwegschwappt und er bietet in seinem Buch Überlegungen an, die Menschheitsgeschichte der vergangenen 300 Jahre mit ihren Kriegen, Ausbeutungen und Verheißungen auch demografisch zu betrachten. Denn Demografie sei ein relevanter Akteur der Geschichte. Wir nehmen dieses Denkangebot an und gehen den roten Faden Demografie punktuell durch. Denn viele Fragen der kommenden deutschen „Rentnerrepublik“ werden hier mit globalem Blick behandelt.

moardin

Ich lese „The Human Tide“ von Paul Morland (Audible). Ich empfehle euch „Die Kinder des Prometheus“ von Hermann Parzinger. Falls jemand Gunnar Heinsohns Dissertation kennt, sagt mir bescheid. Außerdem höre ich kurz DLF Andruck zu Ian Kershaw „Achterbahn“. (Transkript)

4 Gedanken zu „Demografie als Geschichtsschreiber“

  1. Eine wundervolle Extrapolation meiner derzeitigen Situation. Ich genieße bald meinen 7-monatigen Vaterschaftsurlaub und steige dann aus meinem Angestelltenverhältnis aus. Stichwort Work-Life-Balance und das ewige Mantra ewigen ökonomischen Wachstums. Meine Arbeit mache ich gern, nur bald eben nicht mehr am langen Arm eines Großkonzerns sondern auf eigene Rechnung. Niemand wird sich am Sterbebett vorwerfen, zu wenig gearbeitet haben, wenn auch der Großteil der Unternehmen, der BDI und sonstige „Ökonomie-ist-alles-Institutionen“ uns das gern glauben machen möchten. Die Bevölkerung dieser Erde ist viel weiter als es die Politik und Wirtschaft zu begreifen vermögen, daher wirken sie auch so rat- und tatenlos gegenüber den neuen Maximen der „arbeitenden Bevölkerung“: mehr Zeit, Arbeitsdruck runterfahren! (Ich blende hier bewusst die Armut in weiten Teilen der Welt aus, deren Maxime sicher mit vernünftiger Nahrung, trinkbarem Wasser, Zugang zu Bildung, Vier Wände und ein Dach etc. beginnen, da dies zu weit führen würde.) Nicht Arbeit ist Würde, liebe Frau Nahles. Mir fiele als letztes meine Arbeit als Ich-Definition geschweige denn als Punkt zur Definition meiner Würde ein. Mein Arbeitgeber weiß nun, dass ich gehe und zeigte sich ebenso überrascht.. „Wollen Sie nicht weiterkommen?“ „Wollen Sie so Ihre Karriere beenden?“ Nein! So beginne ich meine Karriere, meine Karriere eines erfüllten Lebens mit Familie, Arbeit, die nicht von außen diktiert wird und des wahren Gefühls von Selbstbestimmung, die einem wahrscheinlich die wenigsten Angestelltenverhältnisse verschaffen können. Unsere Gesellschaft schifft gerade in ein Fahrwasser, dessen Strömung entweder absichtlich übersehen oder naiver Weise vollkommen verkannt wird, ich weiß es nicht. Zu warten, das eine Lösung von außen kommt, hat sich zumindest für mich als die denkbar schlechteste Option herausgestellt. Allein schon der erste Gang, das Heft „in die eigene Hand zu nehmen“, gab mir mehr Motivation und den von mir gewünschten erfüllten Gemütszustand als jede noch so üppige Gehaltserhöhung oder Sonderzahlung.

    Es braucht Visionen und Modelle, wie wir als Gesellschaft die kommenden Probleme auffangen können. Weg von der Besteuerung der Lohnarbeit, da es zunehmend weniger davon geben wird, Einführung eines BGE, Luxuskonsum hart besteuern (wer seinen Maserati vergolden lässt, kann sich auch die 50% Luxussteuer leisten), Abschaffung verfilzter Verwaltungsapparate zur Züchtigung von Arbeitslosen und zur Züchtung von Beamten, Solidarsystem für alle und vor allem von allen! Warum gibt es noch Beitragsbemessungsgrenzen? Aber genug der Provokation. Wenn wir in diesen unseren Systemen denken, wird es nicht funktionieren, die Gesellschaft muss insgesamt neu aufgestellt werden für die Zukunft. Mit den alten Tabletten unserer heutigen „(Wort)Führer“ ist die Genesung morgiger Wunden bereits hinfällig und das betrifft nicht nur die Demographie.

  2. Die Transkription der Clips aus dem Englischen klappt noch nicht ganz so gut 🙂 Aber eine wirklich gute Funktion, vielen Dank!

  3. hi!
    eigentlich nicht erwähnenswert, da ein weltbestseller.
    „sapiens“ von yuval noah harari hat die menschheitsgeschichte top aufgearbeitet/zusammengefasst. und wo es hingehen könnte auch mit „homo deus“.
    ich würde mir mal ne folge über diese beiden bücher wünschen um die man eigtl. nicht mehr drum herum kommt!!

    liebesgrüße!!

  4. Lieber Stefan, ich habe mir die beide Podcasts zu „The empty planet“ und „The human tide“ angehört. Sehr interessant, wie eigentlich das meiste, was Du machst, danke! Vielleicht hilfreich für deine Arbeit auch einmal das Buch „Factfulness“ von Hans Rosling zur Kenntnis zu nehmen. Es macht einen – ohne übermäßig optimistisch oder fortschrittsgläubig zu sein – darauf aufmerksam, was man alles nicht sieht, weil einem längere Zeitperspektiven oder auch bestimmte gesellschaftliche, kulturelle bzw. Expertiseerfahrungen fehlen.
    Grundsätzlich – denke ich – werden wir uns auf eine schrumpfende Weltbevölkerung einstellen und damit experimentieren müssen, ob es uns gefällt oder nicht, d.h. ich teile deinen Aufruf zu einer weit positiveren Einstellung zu Migration, glaube aber nicht, dass das das Grundproblem lösen wird und selbst wenn es das bei uns löst, dann schafft es Probleme in den Ländern, die diese meisten jungen und produktiven Leute verlieren. D.h. Kanada ist auch nur ein weiteres kapitalistisches Ausbeutungsmodell und nicht etwa das große Vorbild. Und wir müssen überdies auch aus Ressourcengründen schleunigst schrumpfen, d.h. wir sollten darüber nachdenken, wie wir mit Überfluss experimentieren können (siehe Klaus Kusanowsky), wie wir all das, was dann übrig bleibt auf einem leerer werden Planeten anders nutzen, recyceln oder rückbauen können. Da sehe ich die Herausforderungen der Zukunft und nicht etwa darin, zu noch mehr (Über)bevölkerung unseres ohnehin schon arg gebeuteten Planten zu kommen.

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