Geht man durch Barcelona, fällt diese besondere Architektur der Häuserblocks auf. Das Eixample-Viertel ist, im Vergleich zu dem mediterranen Gewusel dieser Klimazone andernorts, klar strukturiert. Überquert man zweimal eine Straße, weiß man, was die nächsten Kilometer zu erwarten ist. Häuser und Straßen, ab und zu ein Baum. Jede Straßenkreuzung ist eine kleine Sensation. Mal sieht es aus wie Athen, mal wie Wien. Mit den schönsten Wohnungen wohl immer ganz oben.

Bis es dann plötzlich ganz anders aussieht. Ein Park, ein kleiner See und eine Kirche, die aussieht, als könnte Christopher Nolan mit ihr die Menschheit in den Orbit fliegen. Leute, die sich für katholischen Kram interessieren, können einmal drumherum gehen. Alle Geschichten sind in Stein geschlagen. Geht man rein, bleibt nichts davon! Mit evangelischer Langeweile muss man sich hier aber nicht abfinden. Die von einem Papst geweihte Stätte ist nur ganz anders als sonst.
Was wie Chaos aussieht, folgt einer Handwerkerlogik. Gaudí hat die Kirche der Natur untertan gemacht. Die Säulen sind Bäume. Und alle Verzierungen stammen vom „besten Maler“ – der Sonne selbst. Für sie musste sogar der Altar nach Norden ausweichen. Im Osten sind die blauen und grünen Fenster des profanen Anfangs, der Geburt. Morgens leuchtet alles kühl.
Im Westen dann die feurigen Fassadenfenster der Passion. Jeden Abend neu. Alles über Bande zu spielen, oder um es wie Nolan zu sagen: Es nicht zu erklären, sondern einfach zu zeigen, klappt hier wirklich eindrucksvoll. Gaudí hatte die Ideen. Andere haben sie umgesetzt. Wenn das Wetter aber nicht mitspielt, Pech gehabt. Unser Guide heute meinte, wir hatten Glück. Nennen wir es Fügung. Draußen eisiger Wind, drinnen heller Hochsommer.

Notre Dame ist die Kirche des Klanges, wir sprachen im Salon darüber. Die Sagrada Família ist die Kirche des Lichts. Das gilt selbst, wenn man sie nur von außen kennt. Inzwischen ist sie die höchste Kirche der Welt. Gaudí wollte uns darauf hinweisen, woher das Licht kommt. Aber mit Demut, sie bleibt auch vollendet einen Meter unter dem höchsten Gipfel Barcelonas. Aus Respekt des Bauherren vor dem Meister.


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