Wem die AfD ihr Angebot macht

Montag, 8. Oktober 2018, 20:15 Uhr

„Ungelöste Rätsel der Wirtschaftswissenschaften“ lautet der Untertitel eines wichtigen Buchs, das heute schon eher Geschichtsbuch ist. Wir besitzen (Wirtschaft), also regeln wir (Recht) und klären vorher, nach welchen Prämissen (Politik). Aber wer besitzt denn noch, und was? Die Filme die wir schauen, die Bücher die wir lesen und die Musik die wir hören lizensieren wir. Wir besitzen, verleihen und verkaufen sie nicht mehr. Wer ein Haus hat, hat Glück. Großes Eigentum wird heute nicht mehr erarbeitet, sondern verteidigt. Solche Strukturbrüche verändern die DNA einer Gesellschaft und es dauert lange, bis man sich darüber verständigen kann. Wir schlagen einen Bogen von Rom ins 12. Jahrhundert bis heute.

Jacob Surland

Angesprochen habe ich heute die „Eigentumsökonomik“ und „Eigentum, Zins und Geld“ von Gunnar Heinsohn und Otto Steiger. Malte hat „Philosophie des Geldes“ von Georg Simmel genannt. Hier ist sein vollständiger Kommentar. Mathias empfiehlt den Podcast „The History of Rome“ und Sebastian den „Schulsprecherpodcast“. Meinen Text über die Frankfurter Grundschulen findet ihr hier. Anna-Katharina hat uns auf die Spur von Mark Blyth geführt. Genannt hab ich zudem „Das Methusalem-Komplott“ und „Minimum“ von Frank Schirrmacher. Buchempfehlungen von Anna-Katharina, Stefan und Kerstin: Hillbilly Elegy von J. D. Vance, Strangers in Their Own Land: Anger and Mourning on the American Right von Arlie Hochschild und Die deutsche Gesellschaft im dritten Reich von Dietmar Süß. (automat. erstellt. Transkript)

28 Gedanken zu „Wem die AfD ihr Angebot macht“

  1. Hallo Stefan und ihr fleißigen Hörbriefschreiber,

    ich melde mich auch mal – aus meinem ALG I-Paradies (sabbatical?) mit Mitte 40. Ich lese viel und schaffe es – wie von Stefan anregend erwähnt – im Sinne von Sloterdijk trotzdem nicht alles zu lesen was ich will. Aber zu dem Thema akademische vs nicht akademische Bildung und fällt mir das Buch „Handwerk und Mundwerk“ von Peter Janich ein:
    https://www.chbeck.de/janich-handwerk-mundwerk/product/14274246
    Ich war schon vorher sicher, dass der akademische Hochmut anderen Bildungsabschlüssen gegenüber Unsinn ist, aber dieses Buch zerlegt ihn.
    Mir erschien nach dieser Erkenntnis die Frage wichtiger, welche Ziele diese Gesellschaft mit Hilfe von Händen und Mündern anstreben kann und sollte. Insofern bin ich dank Janich weiter – und gespannt auf das Buch von Stefan.

  2. Hallo Stefan,

    ich habe am Wochenende mal die Zeit genommen und die letzten vier Folgen deines Talkradios angehört und wollte dir erst einmal dafür danken, dass du das hier machst. Ich bin völlig begeistert von deinem Projekt.

    Zum Thema Jugendkultur und Engagement fiel mir allerdings eine gegenteilige Interpretation ein: denn ich habe den Eindruck die Menschen unter 40 oder zumindest unter 30 beschäftigen sich heutzutage sehr stark mit identitätspolitischen Fragen und ich würde sämtliche Beschäftigungen mit Veganismus/ Vegetarismus (Ernährung) , Öko/ CO² – Bilanz, politische Korrektheit usw. als praktische Ausprägungen solcher Fragen wie „Wer bin ich?“ und „Woran orientiere ich mich?“ (also Fragen nach Identität und Biographie) ansehen.
    Was ich hier als Problem ausmache wäre folgendes:
    erstmal vorausgesetzt, dass sich tendenziell gebildetere Menschen der Mittel- und Oberschicht mit solchen Themen auseinandersetzen (das es sich also hier nicht um Lebenspraxis der Notwendigkeit handelt), gleichzeitig natürlich davon ausgegangen werden muss, dass man es in den Mittel- und westeuropäischen Ländern sowieso mit hochentwickelten Staaten und gut ausgebildeten Menschen zu tun hat.
    So sehr ich nun diese Beschäftigung und daraus folgend die Ausgestaltung des eigenen Lebens anhand dieser Fragen nach Klimaveränderung und der eigenen Verantwortung aufgrund von Ernährungsgewohnheiten, Fragen nach gelungener Integration von Migranten als aktiven Prozess der eben auch von Einstellungen der einheimischen getragen wird und möglicherweise im ersten Schritt darin mündet die eigene Sprache zu verändern und so viele weitere Fragen, die sich beispielsweise in Hashtags wie MeToo und MeTwo niederschlagen, auf der einen Seite gut heißen kann, so sehr schleicht sich bei mir hier der Verdacht ein, dass es sich dann doch nur um Mechanismen der Prätention (im Bourdieuschen Sinne) handelt. Mir fällt das immer dann auf, wenn ich in sozialen Interaktionen mit jungen Leuten zu tun habe, eigentlich gibt es zum einen keine anderen Themen als diese mehr, zum anderen fordern die Interaktionsteilnehmer eher implizit eine eigene Positionierung und hält diese dann für eine starke politische Haltung. Ich habe beinahe das Gefühl, dass sich durch derartige Mechanismen ein Großteil der Gesellschaft (also die Mittelschicht und Mittelschichtsabsteiger) in einer Art „Kannibalisierungs-zusammenhang“ oder aber auch „Verblendungszusammenhang“ befinden, also dieses starke Bedürfnis danach einen „Impact“ zu haben und diesen dann durch lebenspraktische Vollzüge wie Veganismus, politisch korrekte Sprache, bloße Kenntnis globaler-sozialer Ungerechtigkeiten und Konsum der „richtigen“ Medien zu Kompensieren.
    Genau diese monothematische Beschäftigung mit identitätspolitischen Fragestellungen, der Versuch der Abgrenzung zu anderen, die dann eben eine moralisch minderwertigere Position beziehen, verschleiert möglicherweise genau die Probleme, die du hier prominent platzieren möchtest…

    1. Hallo Stefan, hallo in die Runde!

      Ich möchte mich mit dem Dank Patrick anschließen und ein ganz ähnliches Thema aufgreifen, wenn auch in anderer Stoßrichtung: Das politische (Un-)Verhalten der „Jugend“.

      Mir scheint Patrick hier eine ähnliche Position zu vertreten wie Simon Sinek in diesem pathetischen Interview: https://www.youtube.com/watch?v=3ev7GXzFTPg&list=PLw1s6Dkkry5DLS1BxcIAj_PAjFvDj-yCD&index=11 (ab 00:35). Patricks Position ist geistreicher, dadurch vielleicht aber auch etwas weniger klar.

      Zur selben Fragestellung wurden auch im aktuellen Podcast kluge Fragen aufgeworfen und ich würde deshalb gern meinen Senf dazu geben. Kurz zu meinem Hintergrund: Ich bin 34, Lehrer für Deutsch und Philosophie an einer Gesamtschule in NRW. Nun zur Sache:

      Meine Beobachtung im Kreis meiner „Mit-Millenials“, aber auch im Kontext politischer „Organisationen“ und „Bewegungen“ auf lokaler und regionaler Ebene ist, dass wir eine zunehmende Unfähigkeit erleben, kollektiv zu handeln. Philosophisch bezeichnet man das Phänomen als „kollektive Intentionalität“ und welche Macht in dieser menschlichen Fähigkeit schlummert, das hat Hannah Arendt eindrucksvoll analysiert. Hier steckt überhaupt ein interessanter Ansatzpunkt, denn Arendts Machttheorie passt hervorragend in die Zeit und zum Kontext von „Eigentum vs. Engagement“. Für sie sie das Einzelinteresse der entscheidende Faktor, der, wenn auf die Spitze getrieben, Macht (und damit echtes politisches Handeln) völlig verunmöglicht. Macht entsteht in ihrer Theorie nämlich nur dort, wo Menschen andere Einzelne als Repräsentanten ihrer GEMEINSAMEN Interessen anerkennen. Dies muss nicht durch Wahl oder offene Akte der Anerkennung geschehen, es passiert oft auch implizit und schleichend (Arendts klassische Bezugspunkte sind die Bürgerrechtsbewegung in den USA sowie Ghandis Kampf für Indiens Unabhängigkeit).
      Übertragen auf „uns“ kann mithilfe dieser Theorie die politische Apathie einer Generation begriffen werden, die zum eigenen Fortkommen erzogen wurde und die sich mit Vorliebe nur solchen Kollektiven zuschreibt, die sich selbst für eine unterdrückte Minderheit halten – denn daraus lässt sich (hier würde ich Bourdieu ansetzen) der größte Distinktionsprofit schlagen. So kommt es möglicherweise, dass Identitäre für manchen so hip sind wie Veganer. So kommt es möglicherweise auch, dass die SPD so vollends abgemeldet ist und allen als ewig gestriger Haufen erscheint. So kommt es möglicherweise auch, dass es Figuren wie Macron braucht, die explizit alte Schemata von Links und Rechts zu überwinden behaupten, um Mobilisierung (und damit Macht) zu generieren. (Hierzu empfehle ich das folgende Gespräch mit dem neuen Chef der Hertie School of Governance, Henrik Enderlein: https://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/forum/201810/07/274356.html )
      Das moralisch „Richtige“ steht allzu oft über dem politisch Wirksamen. Hier tut social media sein Übriges zur Selbstverstärkung dieser Individualisierungstendenzen.

      All das klingt pessimistischer als ich es eigentlich meine. Was fehlt, ist in meinen Augen eine Sprache für „neue Kollektive“, die verstaubtes Vokabular im Giftschrank lässt und die Zukunft in den Blick nimmt. Es passt auf ironische Weise vielleicht sehr gut zur Überschrift des Buches, wenn ich glaube, dass dieses Vokabular bei Gedanken an die Zukunft ansetzen müsste.

  3. Hallo Stefan

    Wieso machst du aus dem Buch keine Doktorarbeit? So tief wie du dich mit der Thematik beschäftigts, und den ganzen Quellen würde es doch Sinn ergeben 🤔. Hätte es dadruch nicht sogar ein tieferen Impackt auf kommende Generation Sozialtheoretiker? Mach weiter so.

    Gruß Mahmut

  4. Ich muss noch eine Nachtrag zu einem anderen Themenkomplex loswerden. Und zwar: „krank in/durch Arbeit“.

    Meine subjektiven Wahrnehmungen im öffentlichen Nahverkehr, im Freundes- und Bekanntenkreis sowie Aufgeschnapptes aus Funk und Fernsehen finden sich hier zu einer düsteren, aber außerordentlich gut recherchierten und präzisen Diagnose verdichtet:
    https://scilogs.spektrum.de/menschen-bilder/die-deutschen-sind-kraenker-denn-je/

    Der Autor Stephan Schleim schreibt mit diesem Text gegen die These an, uns gehe es „besser denn je“. Warum ist das für den Kontext der „Rentnerrepublik“ von Interesse?

    Insofern sich durch die Demographie die Arbeitslast auf immer weniger Schultern verteilt und diese Verdichtung durch Qualifizierungsansprüche stetig weiter steigt und sich gleichzeitig das Gesundheitswesen mit der doppelten Herausforderung konfrontiert sieht, mit immer weniger Personal immer mehr Krank und Pflegebedürfte zu versorgen, drängt sich die Frage auf: Wie sollen „wir“ da heil herauskommen?

  5. Hallo Stefan (und Community),

    zu deiner Frage nach anekdotischer Evidenz kann ich etwas beitragen. Ich habe vor kurzen das Buch „Warum unsere Studenten so angepasst sind“ gelesen von Christiane Florin einer Dozentin für Politikwissenschaft an der Uni Bonn. Diese berichtet über ihre Erfahrungen als Dozentin, vergleicht mit ihrer eigenen Studienzeit und sucht nach Erklärungen. Lässt sich bequem an 1-2 Nachmittagen lesen.

    noch eine Anmerkung die hoffentlich nicht zu abseits von der Renterrepublik ist.

    Durch deine Ausführung zu Sklaven, Bauern und Eigentum habe ich mich an eine Diskussion zur EZB-Geldpolitik erinnert.

    Undzwar kauft die EZB beachtlichem Ausmaß Staatsanleihen und Unternehmensanleihen (im Mai 2017 waren es 1,5 Billionen Euro)(1). Es gibt oder gab aber auch Überlegung der EZB nicht nur Geld zu verleihen (also Anleihen kaufen), sondern auch Unternehmensanteile zu kaufen.

    Das Aktien von Zentralbanken gekauft werden ist nicht neu, so hielt 2017 die schweizer Nationalbank bereits 80 Milliarden Dollar in US-amerikanischen Unternehmen. Das macht bei etwas mehr als 8 Millionen Schweizern knappe 10.000 Dollar pro Kopf, also relevante Größen. (2)

    Dazu eine Warnung eines Fond-Managers: „Letzten Endes werden sie sämtliche Staatsanleihen aufkaufen, alle Unternehmensanleihen und alle Aktien, die es am Markt gibt“(…)„Das ist der direkte Weg in den Sozialismus.“ (3)

    Das ist sicherlich eine starke Übertreibung, zumal die Aktien nicht nur gekauft sondern auch verkauft werden müssen, aber der Gedanke verfing sich.

    Aus der Eigenlogik der Zentralbanken (die Folgen der Finanzkrise abmildern, Deflation vermeiden) und begrenzten Anleihemöglichkeiten heraus könnte etwas ganz anderes entstehen, plötzlich könnten Eigentumsverhältnisse neu geordnet werden, wie schon bei den Bauern des 12. Jahrhunderts. Eine neue Finanzkrise könnte diese Entwicklung noch anheizen, sowie die Japanische Zentralbank infolge eines Crashs bereits seit den 80ern mit geldpolitschen Maßnahmen experimentiert. Unter anderem auch mit dem Aufkauf von Unternehmensanteilen.

    Ein anderes interessantes Gedankenexperiment ist die Alternative Geld direkt an Bürger zu verteilen und ob dies zu einem bedingungslosen Grundeinkommen führen könnte.

    Der nächste Beitrag wird dann biographischer. Liebes Grüße.

    (1) https://www.tagesschau.de/wirtschaft/ezb-anleihenkauf-gutachten-101.html

    (2) https://www.fuw.ch/article/snb-wird-zum-apple-grossaktionaer/

    (3) https://www.welt.de/finanzen/article157719967/Wagt-Mario-Draghi-jetzt-den-naechsten-Tabubruch.html

  6. Hallo Stefan,

    Nur kurz zu der Frage, warum sich die Arbeiter und Angestellten nicht zu Wort melden. Ich dachte da spontan an meinen Vater, dessen Tagesablauf als Arbeiter auf dem Bau ist von fünf Uhr morgens aufstehen und sechs Uhr Abfahrt zur Baustelle bis zum Heimkommen zwischen fünf und sechs ziemlich durchgetaktet. Am Abend dann Zeit für Familie, Haus und Hof, freiwillige Feuerwehr, und das Ganze sechs Tage die Woche.. Zeit zum Podcast hören bleibt da eigentlich nicht, erst recht nicht für einen, der das Denken ganz schön fordern kann. Vielleicht ist das ja einer von vielen Gründen.

    Liebe Grüße
    Sebastian

  7. Hallo Stefan,

    könntest du bitte den Link/Quelle zum satirischen Werbeclip posten, dessen Inhalt daraus besteht, dass die Alten wählen gehen und die Jungen lieber auf Facebook liken oder eine Onlinepetition aufsetzen?

    Vielen Dank
    Clemi

  8. Guten Tag Stefan,
    (1) Zu der von dir angesprochenen Transformation und dem Thema Menschenhass aus der letzten Talk Radio Folge ein wissenschaftlich neuerer Beitrag:
    https://www.boeckler.de/wsi_blog_116016.htm
    (2) Es gibt ein anekdotisch emipirisch-gefühltes soziologisches Buch von Christian Baron (früher ein Kollege von Wolfgang M Schmitt und auch bei Twitter unter @c_baronaldo), was auch immer wieder mit Abstraktion arbeitet: „Proleten, Pöbel, Parasiten“
    Hier eine Lesung: https://youtu.be/FjWZ-skw1II
    Interessant ist auch, dass es sich hier um nicht akademische Pespektive handelt.

  9. ICYMI FYI RE: UK’s Rentnerrepublik

    tl;dr Wenn Banken gerettet werden ‚muessen‘ und die Rentner versorgt werden ‚muessen‘, bleibt nichts mehr uebrig fuer alle anderen, aber alle anderen werden gefragt mehr Steuern zu zahlen.

    via The Guardian/IMF (IWF):[1]

    > In calculations that combine measures of wealth and stress tests that mimic those applied to the banking sector, the IMF said the bailout of UK banks and the growth of Britain’s public sector pension liabilities were significant factors in the UK’s low ranking.

    Zum gleichen Ergebnis kommen die Experten vom OBR (Office of Budget Responsibility):

    > The UK could face 50 years of tax increases and spending cuts as the costs of an ageing population send Government debt spiralling,

    [1] https://www.theguardian.com/society/2018/oct/10/uk-public-finances-among-weakest-in-world-imf-says

    [2] https://www.telegraph.co.uk/business/2018/07/17/ageing-population-puts-uk-track-unsustainable-surge-debt/ & http://cdn.obr.uk/FSR18presentation.pdf (Slide 6 Old Age Dependency Ratio) & http://cdn.obr.uk/FSR-18-speaking-notes.pdf

  10. FYI ICYMI (kam auch schon im A! vor) … wie baut man eine Stadt, und Wohnviertel fuer Rentner? UK Edition:

    > Just under a decade ago the UK government published the first housing our ageing population panel for innovation (Happi) report to set design principles for older people, based on examples of best practice from across Europe. Since then there have been some major advances in the quality of UK housing design, partly in response to demand from older people themselves. “The new generation of over 55s are baby boomers who are much more vocal than their parents and grandparents were,” says Park. “We don’t expect to be ignored or told that ‘it’s bath-time’.”

    > Lighting and heating can be controlled remotely, and smart toilets are increasingly being specified to improve hygiene and increase independence. Ceiling-mounted cameras can detect changes in an elderly person’s walking pattern, which can be an early indicator of stroke, while devices fitted to toilet bowls can detect urine for diabetes. Older people may be among those who benefit most from smart city innovations such as the Kalasatama Smart City project in Helsinki. The Kotisatama senior housing community and its 80 residents serve as a testbed for new and pilot age-friendly services before they are rolled out to the rest of the district.

    https://www.theguardian.com/cities/2018/oct/10/what-would-an-age-friendly-city-look-like & https://www.gov.uk/government/publications/housing-our-ageing-population-panel-for-innovation

  11. Hallo, Stefan
    Danke dir für deine Antworten zu meinem Kommentar. In der Bewertung der Vorgänge in Chemnitz sind wir nah beieinander, denn auch ich wollte zum Ausdruck bringen, dass dem nicht so sehr der Haß auf die Fremden zugrunde lag. Wie du richtig gesagt hast, ging es in den Gesprächen des Ministerpräsidenten mit den Bürgern hauptsächlich um soziale Probleme. Ich habe zur Wendezeit in Berlin gelebt, und durch mein Politikstudium mit Schwerpunkt Osteuropa, und persönliche Bekanntschaften, durchaus mitbekommen, was in der damaligen Sowjetunion und der DDR ablief.
    Seit 1989 hat der Kapitalismus, ermutigt durch die Schwäche seines Sozialistischen Widersachers, allmählich begonnen, sein wahres Gesicht zu zeigen, als er sich Ostdeutschland einverleibte. Mit dem Ende der Sowjetunion hat er die letzten Hemmungen verloren. In den von Eric Hobsbawm (Age of Extremes) sogenannten „Goldenen“ sechziger und siebziger Jahren war er gezwungen gewesen, den Bürgern einen goldenen Käfig zu bauen, um sich ihrer Loyalität zu versichern. Als Sieger und Endpunkt der Geschichte war dies nicht mehr nötig, und so konnte er sich das Vermögen der neuen Bundesländer aneignen und damit beginnen, auch im Westen die Umverteilung von unten nach oben voran zu treiben.
    Wirst du in der Rentnerrepublik auch thematisieren, dass die östlichen Bundesländer zwei Millionen Bürger durch Abwanderung verloren haben? Wie steht es mit dem Rückzug von jungen Leuten/Familien, die nachhause zurückkehren, weil sie es im Westen nicht mehr aushalten?
    Im DLF Hintergrund wurde am 03.10. darüber berichtet, dass sich viele junge Leute als „Ossis“ begreifen, und sich so eine Identität geben. Sind sie in unserer Wertegemeinschaft nicht angekommen, oder haben sie (evtl. unbewusst) erkannt, dass diese sogenannte Demokratie nur noch eine Schimäre ist? Ich bin geneigt zu glauben, dass wir bald eine neue Bürgerbewegung erleben, und könnte mir vorstellen, dass sie im Osten ihren Anfang nehmen wird. Wie heisst es doch:
    „Ex oriente lux“.

  12. Drei Gedanken:
    1) Umweltzerstörung, Klimawandel, Emissionen…sind mMn reale Probleme/Bedrohungen und keine Randphänomene. Laut einer UBA Studie (https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/repraesentative-erhebung-von-pro-kopf-verbraeuchen) sollten sich tatsächlich vorallem die Wohlhabenderen darüber Gedanken machen wie viele neuen Krempel sie sich kaufen, wie oft sie fliegen, etc.
    2) Damit auch Leute die nicht allzuviel Zeit haben und andere Textlängen/Wörtergebrauch gewöhnt sind teilhaben können – können die Kommentatoren bitte möglichst leicht verständlich schreiben?
    3) Es gibt auch noch andere Konstellationen zum Eigentum. Bspw. den Fall, dass es tatsächlich ein vererbbares Haus gibt (aber eben nur das, und kein Vermögen dazu), in denen die Eltern leben und wenn man das Haus haben will, muss man die Eltern pflegen oder man verkauft das Haus und bezahlt davon die Pflege der Eltern. Soweit ich weiß, haften die Kinder für die Pflege der Eltern. Also egal wie weit man es gebracht hat — haben die Eltern Pech mit ihrer Gesundheit kann sich das Blatt wieder wenden.

    Vielen Dank für deine Arbeit Stefan!

  13. RE: Rentnerrepublik … Japan

    > Legless Japanese businessmen. When the train has gone and a hotel is too expensive, pavements and benches are the only option. […] In photograph after photograph, lone suited-and-booted businessmen sleep in the middle of the city. A couple of drinks after work can sometimes get out of hand – many of us have been there. But in the deferential, work-hard/play-hard, corporate culture of Japan, getting drunk and ending up stranded without a bed seems to happen all the time. […] “The pictures show people who are used, who are overworked, overstressed and exhausted. Do we really want to end up like this?” […] the impression that they are being bent out of shape by the society they live in. But Jaszczuk’s pictures go further: they suggest we’re all in the same exploitative capitalist-consumerist bed, and we’re all asleep as we turn somersaults.

    * https://www.theguardian.com/artanddesign/2018/oct/12/legless-japanese-businessmen-the-photographer-who-shoots-street-sleepers-pawel-jaszczuk-high-fashion

    PS: Zum Glueck hat die Muedigkeitsgesellschaft/DE nicht die Corporate ‚muss‘ Tradition, wie in „Asien“, oefter einen Trinken zu gehen mit Kunden.

  14. Hallöchen,
    ja, was ist mit den Menschen die keinen ausreichenden Bildungsabschluss erworben haben um diesem Podcast überhaupt zu folgen? Evtl gehör ich ja (in der Theorie) dazu?
    Kurze Bio: Meine Großeltern – Klassische Kriegsgeneration, meine Eltern geschieden und mein Vater ein Arsch. Alle eher geringe Bildungsabschlüsse.
    Nun zu mir. Nach der OS Hauptschulempfehlung. Achte Klasse auf die Realschule gewechselt. Neunte Wiederholt. Erweiterten Realschulabschluss gemacht. Ersten Abiturversuch abgebrochen. Mit 19 Schwanger und mit 20 Mutter. (Fach)Abitur mit 23. Im Abi vom Vater meines Kindes getrennt. Anschließend Studium der Kulturwissenschaften. Abgebrochen. Alleinerziehend ohne akademischen Hintergrund und familiäre Unterstützung nicht möglich. Ich hab meine Dozenten schlicht nicht verstanden und konnte auch keine Kapazitäten erübrigen um meinen Duktus zu erweitern. Dazu die finanzielle Belastung… Jetzt mach ich eine Ausbildung zu Immobilienkauffrau.
    Duktus ist glaub ich auch das Stichwort. Beim hören des Podcast liegen Zettel und Stift für mich immer in der Nähe. Gerade in den ersten Folgen wurde mit so vielen Fremdwörten jongliert, dass ich tatsächlich zwischendurch googlen musste.
    Darauf haben aber die wenigsten Bock. Wenn jemand den Anspruch hat Menschen zu hören, dann müssen die gezielt ansprechen werden und zwar so, dass sie es verstehen. Kein „Unterschichtler“ hat Lust einen Anamnesebogen auszufüllen, der ihm seine eigenen Unzulänglichkeiten noch weiter in den Vordergrund rückt.

    Auch für mich, eher ein bescheidenes Gefühl. Meine gescheiterte berufliche Biographie.

    1. Um diesen Podcast zu hören, braucht man überhaupt keinen Bildungsabschluss, sondern nur Interesse… Vor Jahren gab es die Studie, dass die Tagesschau von niemanden verstanden würde, weil die Sprache zu künstlich und die Inhalte zur knapp formuliert wurden. Gott sei Dank, jetzt gibt es Google. Das gilt für uns alle, egal welche Vorgeschichte.

  15. Nachtrag zur IMF (IWF) Stress Test Studie von Laenderfinanzen und wo der Schuh zukuenftig mehr als nur drueckt:[1]

    Aditya Chakrabortty schrieb dazu:[2]
    > Britain fell for a neoliberal con trick – even the IMF says so
    > The fund reports that Britain’s finances are weaker than all other nations except Portugal, and says privatisation is to blame.

    Ich glaube, nach dem sich der IMF entschuldigt hat fuer den ‚Griechenland-Komplex'[3], und falschen Austeritaetsempfehlungen[4], muss man sich nun auch (IMHO) entschuldingen fuer uber Neoliberalismus gepushe (Privatisierung und Marktwirtschaft ueber alles).

    [1] https://stefanschulz.com/talkradio/wem-die-afd-ihr-angebot-macht/#comment-127
    [2] https://www.theguardian.com/commentisfree/2018/oct/17/economic-lies-neoliberalism-taxpayers
    [3] https://www.theguardian.com/business/2013/jun/05/imf-admit-mistakes-greek-crisis-austerity & https://www.theguardian.com/business/2013/jun/05/imf-underestimated-damage-austerity-would-do-to-greece & http://www.spiegel.de/international/europe/the-imf-admits-serious-mistakes-on-greek-bailout-a-904093.html & https://theconversation.com/we-were-wrong-imf-report-details-the-damage-of-austerity-11533
    [4] https://www.theguardian.com/business/2016/may/27/austerity-policies-do-more-harm-than-good-imf-study-concludes & https://www.reuters.com/article/us-imf-crisis/imf-gave-richer-countries-wrong-austerity-advice-after-crisis-watchdog-idUSKBN0IO1NO20141104

  16. Nachtrag RE: ‚Getresste Studenten‘

    FOMO version 2.0 … FOMOMG. Die BBC schreibt (bbc.co.uk front page) via BBC News

    > We have FOMOMG – do you?
    > […] • Become a millionaire • Married with two kids by 28 • Own a successful business • Travel the world • Buy that four-bed house • Get a dog
    > But the pressure of achieving our personal targets can cause stress and anxiety for some people.
    > It’s being called FOMOMG – the Fear Of Missing Out [on] My Goals. Model Leomie Anderson used the term in a recent column for the female-focused website LAPP.
    > […] „The worst thing for me is the internal pressure. When I feel I’m failing myself there’s a frustration.“
    > […] Psychotherapist Hilda Burke says benchmarking where we are in our lives and comparing it to others is „nothing new“. She believes social media has played a part in the increase of FOMOMG because people now have a wider pool to benchmark themselves against. „Before, the benchmark was maybe your classmates, your friends or relatives. Now it’s gone global.“

  17. RE: Rentnerrepublik UK

    Eigentlich mehr „Rentner- und 1% Republik, unter Knueppelharter Austeritaet.“ Viel mehr 1% Republik, und viel mehr Austeritaet, wenn man vergleicht mit Deutschland.

    UK’s knighted ‚children and young people‘ Expert wrote a book, how the UK is failing children and young people.

    Britain has created a crisis in childhood, says former children’s commissioner – https://www.theguardian.com/education/2018/oct/23/britain-crisis-childhood-former-childrens-commissioner-al-aynsley-green-book

    > “Could a child today from my background be as successful as I have been privileged to be? I think the answer is no.” […] Inequality, he writes, reigns supreme in Britain today, with only 10% of white boys from the most disadvantaged backgrounds able to progress to higher education, while 82% of Oxbridge graduates come from the upper and middle classes. “Inequality is the elephant in the room in society. It’s self replicating because there’s a stranglehold over society by the elite. They don’t want things to change.” […] The inequality that follows on from this divergence creates “generations of elite people who simply do not understand the realities of the world”. He highlights the fact that 25% of MPs, more than 50% of print journalists, 82% of barristers, 81% of judges and 80% of supreme court judges have been to Oxbridge, and says 10% of top jobs go to people from just 10 schools.

    *** *** *** ***

    Ausserdem noch von heute:

    Charities, teaching unions and medical colleges accuse UK government of ignoring young people – https://www.theguardian.com/society/2018/oct/23/childrens-services-at-breaking-point-experts-say

    Bedeutend IMHO und Meistaussagend, wie die Gesellschaft nach 8 Jahren Knueppelharter Austeritaet auseinander faellt, ist die Statistik vom Kinderschutz (Child Protection Services). Seit 2010 ist der Bedarf um 130% gestiegen, bei Neugeborenen alleine[1]. Und die Dunkelziffer muss noch hoeher sein, weil schon laenger nur die schlimmsten Faelle angenommen werden. Wie bei der Polizei[2], Justiz, Gesundheit und Co. wir alles rationiert, auf das noetigste. So sagte ein Council Vertreter, das man gar nicht mehr seine rechtlichen Pflichten in Zukunft erfuellen kann.[3]

    [1] https://www.theguardian.com/commentisfree/2018/oct/12/secrecy-babies-taken-care-newborns-england-transparency & https://www.bbc.co.uk/news/education-45876394 & https://www.bbc.co.uk/news/education-42891705

    [2] “There is no question there will be more obvious rationing of services. The public can already see it is going on,” “We are already not pursuing crimes where we could find a suspect. We are doing things now that surprise me. “We are struggling to deliver a service to the public. I think criminals are well aware now how stretched we are.” – https://www.theguardian.com/uk-news/2018/oct/23/police-chiefs-fewer-officers-treasury-shrinks-budgets-pensions

    [3] 13:45 – https://youtu.be/vOPuoDnp1VA?t=825

  18. Hallo Stefan,

    könntest du einen Link zur Immoscout Studie nachtragen (hab im Netz nichts gefunden)?

    Offen ist warum 69% der Mieter überhaupt Eigentum haben wollen. Liegt es am mangelnden Mieterschutz, der Angst vor steigenden Mietpreisen oder an der Qualität der angebotenen Wohnungen? Wenn man diese Gründe betrachtet, kommt man sehr wahrscheinlich zum Schluss, das diese Probleme auch anders gelöst werden könnten.

    Ich persönlich halte es für äußerst problematisch, wenn vermehrt Eigentumsimmobilien (in Städten) gekauft werden würden. Die finanziellen Hürden sind von Azubis, Studenten oder Niedrig- und Mittel-Löhnern nicht zu nehmen. Hier würde ganz klar die Erben- und 40+ Generation (mit gut bezahlten Jobs) die Städte noch stärker unter sich aufteilen, als es bereits der Fall ist. Die Folgen sind bekannt.

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