Die Amtseinführung war wohl etwas irreführend. Sich ins Warme zurückzuziehen, um eine schlaftrunkene Antrittsrede zu halten, galt nur für den Moment. Stilprägend ist, wie es seitdem geschieht. Trump fährt wie erwartet zweigleisig. Es gibt ein politisches Kabinett mit all den Clowns, die irgendwann mal Verteidigung, Gesundheit und Bildung organisieren sollen. Und dann gibt es das zweite, wichtigere Kabinett der Broligarchie, das heute schon seine Arbeit aufgenommen hat.
Wir haben alle keine Sehgewohnheit für die komfortable Indoor-Amtseinführung eines amerikanischen Präsidenten, aber in der Rotunda des Kapitols sitzen für gewöhnlich nur Politiker. Gäste sitzen oben, zumindest bei Reden zur Lage der Nation oder anderen Anlässen. Nun sah man auch schon deutsche Fernsehprominente im Plenarsaal des Bundestags, wenn sie zur Bundesversammlung geladen wurden. Diese fahren aber am Abend wieder heim.
Die Tech-CEOs sind auf unterschiedliche Weise in Washington D.C. geblieben. Sam Altman von OpenAI hatte heute seinen ersten offiziellen Termin für Trump. Gleich am Montag wurde ihm der Weg dafür freigemacht, als Trump unter anderem per Executive Order Joe Bidens KI-Regeln wieder aufhob. Dieser hatte sie selbst ohne Kongress-Mehrheiten auch nur als Executive Order formulieren können, wodurch sie naturgemäß auf der Streichliste von Trumps Tag 1 standen.
Nun also freie Bahn und eine Anschubfinanzierung gleich dazu. Sam Altman soll „Stargate“ leiten. Die ersten 10 Rechenzentren dafür sind bereits im Bau, in Texas natürlich. Zusammen mit SoftBank und Oracle will er nun – ja was eigentlich? Im Raum stehen weitere Hunderte Milliarden Dollar und ganz viel Nähe zwischen den Unternehmen und der Staatsführung.
Ich schlage dafür folgendes Bild vor: Jeff Bezos hat die KI-Modelle vor einer Weile so charakterisiert: Die LLMs sind eher eine Entdeckung als eine Erfindung. Etwas weitergetrieben ist die elektronische Intelligenz in diesem Bild wie eine außerirdische Lebensform zu verstehen, für die Stargate nun das Portal sein soll, damit Trump dann den Grußonkel macht, wenn sie unsere Gesellschaft erreicht.
Das klingt merkwürdig. Aber das ist ja die Kategorie unserer Zeit. Die Forensiker bei Anthropic haben sich schon mit den eigensinnigen Gebaren ihrer Claude.AI beschäftigt. Davon, dass Claude eine Persönlichkeit mitbringt, sind inzwischen einige überzeugt. Ich selbst zum Beispiel. Kevin Roose hat den Text zum dazugehörigen Claude-Kult geschrieben – inzwischen aber die Überschrift abgeschwächt.
Ich empfehle, sich per Big Technology Podcast und Hard Fork auf dem Laufenden zu halten, darüber, dass AI Safety nicht nur lapidar Aspekte der Sicherheit in den Blick nimmt, sondern dass dieser Forschungszweig das Verhalten der KI insgesamt untersucht und damit auch unser Verhalten mit den neuen Intelligenzen. Die Podcasts sind wichtig, weil dort die Protagonisten dieser Arbeit als Gesprächspartner zu hören sind. Empfehlenswert ist darüber hinaus beispielsweise die Research-Webseite von Anthropic (Claude.AI).
Stargate could eventually invest as much as $500 billion over four years. The three companies plan to contribute funds to the venture, which will be open to other investors and start with 10 data centers already under construction in Texas.
New York Times
Politisch heißt es nun all-in! Trump hat „emergency declarations“ für seine Broligarchen im Programm, falls jemand mal in Energieengpässe läuft oder Ähnliches. Sam Altman wird solche Optionen ziehen. Während der Transition, der Zeit zwischen Trumps Wahl und der Amtseinführung, war er überaus fleißig. Am Montag, so ist in der New York Times zu lesen, hatte er bereits seinen „economic blueprint for A.I. in America“ fertig. Chris Lehane, Head of Global Policy, hat 15 Seiten politisches Programm mitgegeben. Noch Ende des Monats dreht er die Runde, um mit den relevanten Politikern der Trump-Regierung die Pläne zu verfeinern.
Wozu das alles? Nur ein Beispiel: Die CIA tüftelt gerade an Regierungssimulationen. Wäre doch gut, wenn die amerikanischen Diplomaten wüssten, wie die ausländischen Kollegen auf ihre Offerten reagierten, bevor sie überhaupt von ihnen erfahren. Ich stelle es mir als eine Art Agenten-Westworld vor. Datensammeln, das hat ja schon gut geklappt. Nun werden all die Infos in einen KI-Datenfusionsreaktor gepackt und heraus kommt ein digitaler Zwilling für jede relevante Person der Welt, an der man trainieren und sich abarbeiten kann, bevor man ihr mit der fertigen Beschlussvorlage des neuen politischen Dealmakings zuleibe rückt.
Ezra Klein hat kürzlich einen seiner Kommentare mit einer wunderbaren Aufgabenbeschreibung unserer Zeit eröffnet: „Donald Trump is returning, artificial intelligence is maturing, the planet is warming, and the global fertility rate is collapsing.“ Es gibt also einiges zu regeln. Frei nach Frank Schirrmachers Diktum – „Sie haben immer zwei Arten, einen neuen Gedanken in die Welt zu bekommen. Der eine ist durch Bücher, der andere ist durch Technologien. Wenn eine Technologie da ist, verändert sich plötzlich alles.“ – kommt die Neuauflage von „The Art of the Deal“ nicht als Buch.
Updates:
- Nicht alle sind von Trumps Plan überzeugt.
Schreibe einen Kommentar