Na sowas, Inhalte!

Montag, 27. Mai 2019, 12:50 Uhr

Bei der Europawahl hat die CDU in allen Altersklassen Wähler verloren. Die Grünen haben in allen dazugewonnen. Warum? Weil junge Youtube-Nutzer eine politische Erfahrung gemacht haben, von der sie ihren Eltern erzählten? Auch. Bemerkenswert ist aber vielmehr, wie sehr Rezos Video überhaupt Inhalte in die politischen Diskussionen geholt hat – nicht nur bei Youtube. Menschen fühlen sich von den Nachrichten betroffen und manche entwickeln sogar Angst. Und die Politik zeigt keinen guten Umgang mit dieser Welt, in der wir leben. Desto mehr sie sich ihr inhaltlich stellt, desto weniger trauen wir mancher ihrer Kompetenzdarstellung.

Ich lese Tweets von Dirk, Ekkehard Knörer und gucke Rezos Video, Mais Faktencheck, Rayk Anders PDF-Analyse, Anne Will, Django Asül und Abendschau zum Mathe-Abi.

Sucht nach Storys

Dienstag, 21. Mai 2019, 10:04 Uhr

Politik ist Schauspiel, klar. Aber selbst wenn man ihr derzeit auf die Hinterbühne schaut, sieht man nur einen Schurken, Heinz-Christian Strache, der alle strukturellen und politischen Probleme des Rechtspopulismus verdeckt, weil seine Bösewichtigkeit so fasziniert. Journalisten, die an der Aufdeckung des Videos beteiligt waren, sehen ihn politisch rehabilitierbar und handeln ihn schon als möglichen Bürgermeister von Wien. Wie kann das sein? Die Antwort ist bei Game of Thrones zu finden und bei Zeynep Tufekci, die klug erklärt, was psychologisches Storytelling vom vernünftingen Umgang mit Themen unterscheidet. Fictionen oder Fakten, das ist hier schon egal geworden. Es geht um Protagonisten und ihr Psychogramm. Das alte Publikum verlangt nach ihnen und die neuen Medien liefern.

The Lowry

Ich höre Frank Rieger bei der Republica, Florian Klenk im österreichischen Fernsehen, ich lese Zeynep Tufekci über Game of Thrones (gelesen von IBM Watson), höre Leo Laporte und Jeff Jarvis im TWiG-Podcast, Danny im Audio:Viel-Podcast und Johann Hari bei Joe Rogan.

Mein Text fürs Goethe-Institut in Norwegen: Am Anfang war die Story.

Die Kühnert-Kontroverse

Montag, 6. Mai 2019, 15:34 Uhr

Jungsozialist Kevin Kühnert wird im Sommer 30 Jahre alt. Und doch zählt er zum jüngsten Zehntel der deutschen Wähler, so alt ist unsere Rentnerrepublik. Entsprechend verlaufen die Diskurse, wenn jemand wie er etwas sagt. In der „Zeit“ schlug er (sprechend denkend) vor, wieder Wert darauf zu legen, dass nicht egal ist, wer regiert. In einer marktwirtschaftlichen Demokratie kann die Politik Entscheidungen treffen und einen Unterschied machen. Politiker waren erschrocken und erzürnt, SPDler und CDUler kritisieren Kühnerts angeblichen Weg in eine DDR 2.0. Unter Wählern und in der Wissenschaft läuft die Diskussion dagegen anders: Unsere Marktwirtschaft werde missbraucht, sagt DIW-Chef Marcel Fratzscher und Radiohörer jubeln für Kevin Kühnert. Wer Kevin Kühnert vorwirft, er verlasse den demokratischen Diskurs, steht selbst schon halb draußen.

Rosa Luxemburg-Stiftung

Ich höre das BR Tagesgespräch von Freitag, Studio9, Anne Will, heute Journal und Tagesthemen von Donnerstag und Freitag. Ich empfehle euch Jennys Podcast mit Paul, Katharinas Denkangebot und den Wahlkampfauftakt der „Partei“.

Die Chance der Grundsteuerreform

Donnerstag, 11. April 2019, 15:27 Uhr

Die Grundsteuerreform steht an. Sie muss dieses Jahr erledigt werden und wird kommende Woche im Bundestag verhandelt. Frage: Ist jeder deutsche Quadratmeter gleich viel wert, oder lässt sich der höhere Bodenwert durch allgemeine Infrasturktur wie Supermärkte und Kindergärten in Fußweite, U-Bahn-Anbindungen zum Hauptbahnhof und Sicherheit durch Polizeistreifen irgendwie steuerlich abbilden? Können sich Eigentümer und Infrastrukturbauer (Kommunen) die Miete als Rendite nicht fairer aufteilen? Hamburg und Bayern sind strikt dagegen. Private Wohnungsbaugesellschaften argumentieren wie die AfD. Die Gründe dafür sind beim Profitkalkül zu suchen, doch da hängt doch noch einiges im Schlepptau. Wir diskutieren es heute vorsichtig an.

Mariano Mantel

Ich gucke Fernsehen zum Thema, höre in Jennys Einmischen Podcast und empfehle euch diesen DLF Hintergrund. (Transkript)

Demografie als Geschichtsschreiber

Dienstag, 2. April 2019, 14:56 Uhr

Vor 300.000 Jahren wurden die ersten homo sapiens geboren. Seit dem bevölkerten 100 Milliarden von ihnen die Erde. Das bedeutet: Rund 7 Prozent der gesamten Menschheit lebt jetzt gerade. Paul Morland bezeichnet dieses Phänomen eine Menschenwelle, „The Human Tide“, die über den Planeten hinwegschwappt und er bietet in seinem Buch Überlegungen an, die Menschheitsgeschichte der vergangenen 300 Jahre mit ihren Kriegen, Ausbeutungen und Verheißungen auch demografisch zu betrachten. Denn Demografie sei ein relevanter Akteur der Geschichte. Wir nehmen dieses Denkangebot an und gehen den roten Faden Demografie punktuell durch. Denn viele Fragen der kommenden deutschen „Rentnerrepublik“ werden hier mit globalem Blick behandelt.

moardin

Ich lese „The Human Tide“ von Paul Morland (Audible). Ich empfehle euch „Die Kinder des Prometheus“ von Hermann Parzinger. Falls jemand Gunnar Heinsohns Dissertation kennt, sagt mir bescheid. Außerdem höre ich kurz DLF Andruck zu Ian Kershaw „Achterbahn“. (Transkript)

Facebook als Amtsstube

Dienstag, 12. März 2019, 13:10 Uhr

Wer sind wir bloß und wenn ja, wie viele? An dieser harten Frage scheiterten bislang alle Regierungen. Haus- und Telefonnummern machten uns zur Person mit Rechten. Aber wehe, man war unterwegs. Die Lücke zwischen dem Passagier und seinem Papier ließ sich nie wirklich schließen. Das Smartphone macht es dann richtig kompliziert. 1993 sollte jedes technische Gerät einen „Clipper-Chip“ erhalten, um seinen Nutzer erkennbar zu machen, doch das Volk lehnte ab. Seit 2011 gibt es die „National Strategy for Trusted Identities in Cyberspace“ (Nstic), deren Anspruch noch niemand gerecht wurde. Doch jetzt, da der Staat es nicht mehr versucht und Public-Private-Partnerships angesagt sind, keimt wieder Hoffnung auf. Kann Facebook endlich liefern, was sich das Weiße Haus wünscht? Digitale Identitäten, und zwar für jeden nur eine – zum Steuern zahlen, Flüge buchen und Medikamente protokollieren? Mark Zuckerberg erfindet Facebook heute nicht neu, er erinnert sich. Die Deutschen sind dabei außen vor. Doch wenn das Experiment gelingt, wird Facebook in unseren Behörden so präsent sein wie Microsoft es heute schon ist. Die Rentnerrepublik braucht diese Innovation.

Stock Catalog

Ich lese „How TikTok Is Rewriting the World“ und empfehle euch meinen Text über Facebooks Identitätsmaschine und The Verge: Facebook wants to be WeChat.  Ich höre The Axe Files, The Vergecast und Inside the Hive vom 08. März und This Week in Google vom 06. März und Facebooks Investors Call zum 2. Quartal 2014. (Transkript)

Das Netz als Gesetz

Samstag, 2. März 2019, 10:22 Uhr

Apple braucht mal wieder eine neue Idee, heißt es. Denn Bildschirme sehen inzwischen alle gleich aus, und Kunden verstehen immer weniger, warum manche fünf Mal mehr kosten sollen. Apples Argument war einmal: Design. Heute ist es: Privacy. Der datensouveräne Kunde braucht s!einen Supercomputer im handlichen Format. Doch die Datenverarbeitung wandert, schon seit einer Weile, vom Gerät ins Netzwerk. 5G, sagt nun der Chef von AT&T, bedeute dass bald alles im Netzwerk passiere.  Bildschirme, ok. Aber wozu noch Datenspeicher und Prozessorkraft im Gerät? Es begann mit dem Streamen von Filmen. Es setzt sich mit Streaming für Spiele fort. Die Rentnerrepublik wird sich im Netzwerk verlieren. Was in ihm wirklich geschieht, weiß niemand. Was die Netze können, zeigt China. Auf die Services zu verzichten, wird unmöglich. Es gelingt vielleicht jungen Hippstern noch, aber alte Menschen brauchen Spracherkennung, automatisierte Beförderung, Logistik bis zur Haustür und Telemedizin – latenzfrei. Das Smartphone allein kann das nicht leisten, es hat ausgedient.

Fouquier ॐ

Ich höre den Vergecast vom 22. Februar und Casey Newtons Aufbereitung zum Facebook-Text, This Week in Google 496 mit Jeff Jarvis, Tomorrow-Podcast 152 mit Josh und Ryan, The Daily vom 25. Februar, das SWR2 Forum vom 6. Februar, DLF Hintergrund vom 26. Februar, bitsundso 617 und Linns Audiokommentar in A!359. Ich lese das SZ-Gespräch mit Philippe Starck, erinnere an meinen Text über Apple vs. Samsung und Lawrence Lessigs „Code is Law“. (Transkript)

Obergrenze für Mietpreise

Dienstag, 19. Februar 2019, 8:37 Uhr

Ausgerechnet CSU. Von der bayrischen Partei wissen wir zwei Dinge. Sie mag Obergrenzen und sie stellt den Bauminister. Bauen war Horst Seehofer so wichtig, er hat das Thema an sich gezogen, weg vom Umweltministerium, weg von der SPD. Doch dann ließ er die Wohnungsnot links liegen und führte einen Regentanz gegen Flüchtlingsströme auf. Magischerweise ergibt eins und eins tatsächlich zwei. Ja, eine Obergrenze ist für die CSU möglich – bei den Mitpreisen. Das schrieb jüngst ein Berliner Jurist an renommierter Stelle. Die Bundesländer dürften sie beschließen, obwohl Bauen Bundespolitik ist. Denn das Grundgesetz schützt lediglich Eigentum, aber nicht Renditen darauf. Und die Föderalismusreform gibt den Ländern die Kompetenz, Mietrenditen abzuschöpfen. Und dann ist da ja noch die Reform der Grundsteuer.

Andreas Wecker

Ich gucke das Hamburg Journal, eine Arte-Reportage, Panorama, ein Gespräch mit Henriette Reker im WDR, höre Jennys Podcast und lese aus dem Tagesspiegel. Der wichtige Text von Peter Weber stammt aus der JuristenZeitung. (Transkript)

Babyboom als Taschenspielertrick

Dienstag, 12. Februar 2019, 15:10 Uhr

„Der Babyboom war nur eine Anomalie“, sagen Bricker und Ibbitson in „Empty Planet“. Die Lebensfreude nach dem Krieg und die gestiegene Lebenserwartung täuschten uns darüber hinweg, dass wir schon seit einem Jahrhundert in einer eurasischen Rentnerrepublik leben. Und wir merken: Wir haben keinen Plan, wie mit schrumpfenden Bevölkerungsgrößen und Volkswirtschaften umzugehen ist. Doch das sei die neue Frage nach Krieg und Frieden. Auf der Suche nach den Gemütszuständen hören wir noch ein bisschen Eva Illouz zu und verfolgen japanische Rentner ins Gefängnis, wo sie endlich jemanden zum Reden finden.

Frank Dürr

Wir hören das Hörbuch „Empty Planet“ von Darrell Bricker und John Ibbitson (Penguin Verlag) und reden kurz über „The Human Tide“ von Paul Morland, das im März bei Hachette erscheint. Eva Illouz‘ Buch „Warum Liebe endet“ erschien im Oktober auf deutsch bei Suhrkamp. Wir lesen ihr Gespräch mit Anja Reich. Für die BBC war Ed Butler im japanischen Gefängnis. (Transkript)

Twitter ist unser Schicksal

Freitag, 25. Januar 2019, 14:38 Uhr

Kann man Twitter eigentlich richtig benutzen? Naja, richtig oder falsch. Keine Ahnung. Man kann Twitter jedenfalls nicht nicht nutzen. Sogar Oma Erna werden abends Tweets in den Nachrichten verlesen, wenn Trump – der Diktator über die politische Zeit – es will. Aber wie diskutieren wir darüber? Bislang gar nicht. Mit Robert Habeck verließ nun ausgerechnet einer der progressivsten Politiker die „neuen“ Medien. Da steckt also einiges drin, insbesondere für unsere Sicht auf die Rentnerrepublik. Twitter ist nämlich schon heute, und morgen erst recht, unser Schicksal. Und ja, „Twitter“ ist Chiffre dafür, dass wir unsere soziale Welt allmählich in Simulation und Spiel der Computer auflösen. Darüber konnte, als Computernetze schon da waren aber die „sozialen Netze“ noch nicht, aufschlussreich geredet werden.

Stock Catalog

Ich lese die Tweets von Jack Dorsey und Frank Schirrmacher (1, 2, 3,), bespreche Adam Curry zum kommentierenden Retweet und Joshua Topolsky zur „Dunk Culture“ (Moritz und ich haben als Podcatcher über sie gesprochen). Ich empfehle euch Sascha Lobos Text übers vermeinte Gelände; Nick Bilton, der Tristan Harris vom Schachspiel des Silicon Valley gegen unsere Gehirne erzählen lässt. Wir hören die DLF-Rezension zu Franklin Foers Silicon-Valley-Buch und Tech-Insider über Steve Jobs „techfree“ Pädagogik. Zum Abschluss lege ich euch den Text über Smartphoneverbote im Silicon-Valley und Farhad Manjoo übers Twitter-Lurken ans Herz. (Transkript)