Es waren junge Menschen in den alten Medien. Manche von ihnen haben auf ihrem Kanal mehr Publikum als in den Talkshows, waren dort aber gänzlich unbekannt. Es war eine besondere Woche, ausgelöst von Rezo und U60-Europawählern, aber abrupt beendet von Andrea Nahles. Inzwischen verdrängt das Horse Race in den alten Volksparteien wieder vieles. Aber es bleibt eine Frage: Kann neben dem Klima auch das Soziale wieder politisches Thema werden? Oder anderes: Kommen in der Rentnerrepublik auch die wieder zur Geltung, die diesseits – statt nur jenseits – der eigenen Handlungsmöglichkeit nach politischen Lösungen suchen?
Bei der Europawahl hat die CDU in allen Altersklassen Wähler verloren. Die Grünen haben in allen dazugewonnen. Warum? Weil junge Youtube-Nutzer eine politische Erfahrung gemacht haben, von der sie ihren Eltern erzählten? Auch. Bemerkenswert ist aber vielmehr, wie sehr Rezos Video überhaupt Inhalte in die politischen Diskussionen geholt hat – nicht nur bei Youtube. Menschen fühlen sich von den Nachrichten betroffen und manche entwickeln sogar Angst. Und die Politik zeigt keinen guten Umgang mit dieser Welt, in der wir leben. Desto mehr sie sich ihr inhaltlich stellt, desto weniger trauen wir mancher ihrer Kompetenzdarstellung.
Politik ist Schauspiel, klar. Aber selbst wenn man ihr derzeit auf die Hinterbühne schaut, sieht man nur einen Schurken, Heinz-Christian Strache, der alle strukturellen und politischen Probleme des Rechtspopulismus verdeckt, weil seine Bösewichtigkeit so fasziniert. Journalisten, die an der Aufdeckung des Videos beteiligt waren, sehen ihn politisch rehabilitierbar und handeln ihn schon als möglichen Bürgermeister von Wien. Wie kann das sein? Die Antwort ist bei Game of Thrones zu finden und bei Zeynep Tufekci, die klug erklärt, was psychologisches Storytelling vom vernünftingen Umgang mit Themen unterscheidet. Fictionen oder Fakten, das ist hier schon egal geworden. Es geht um Protagonisten und ihr Psychogramm. Das alte Publikum verlangt nach ihnen und die neuen Medien liefern.